Pressestimmen


Kleine Zeitung - 16.06.2010
"steirischer herbst 2010": Börse für Tricks
"Meister, Trickster, Bricoleure", heißt es beim steirischen herbst 2010. Mit dem Leitmotiv will man alle Aspekte der Virtuosität beleuchten.

Wer ist denn nun ein "Meister"? Paganini oder ein Taschendieb? Was ist denn nun ein "Trickster"? Ein Schelm wie im Deutschen, ein Schwindler wie im Englischen? Was beherrscht denn nun ein "Bricoleur"? Einfach nur sein Handwerk oder die genialste Lösung?

"Wir spielen heuer mit allen Aspekten der Virtuosität", erklärte Veronica Kaup-Hasler bei der gestrigen Vorschaukonferenz das Motto ihres Festivals. Mit den Tricks öffnet die Intendantin ein weites Spielfeld, von Finanzgaunereien bis hinein in den Alltag, wo der Mensch zum Lebens-, ja Überlebenskünstler werden muss, um sich durch den Anforderungswust zwischen Arbeits- und Privatwelt zu jonglieren.

Acht Tage lang wird dazu das "Casino of Tricks" geöffnet haben, in das man sich durch Zauberei, erlerntes Wissen, Kunststücke (oder auch Streiche?) Zutritt verschaffen kann. Diese Trickbörse, schöne Verlängerung von Ideenumschlagplätzen wie dem "Tempel der Vernunft" 2009 oder dem "Schwarzmarkt" 2007, findet Platz im forum stadtpark, das nicht nur zum Festivalzentrum mutiert, sondern mit Euro-Paletten-Tribüne an der Rückseite auch zur Freiluftbühne.

Den Auftakt macht "Maschinenhalle #1", eine Installation eines Künstlerkollektivs (siehe Kasten), das mit Tänzern auf Klangplatten, mit Laptops und Automatenklavier Rückbezug auf die Urfunktion der List-Halle nimmt. William Forsythe gastiert mit seiner Compagnie erstmals in Graz und wird magischen Tanz in progress zeigen. Franz West manipuliert mit einem "Autotheater" - im Kunsthaus, wo auch Roboter träumen dürfen. Dazu Computer, die philosophische "Kneipengespräche" führen, ein Bildertheater mit einer Nebelkünstlerin, eine "Molekularorgel" aus 35 Blasinstrumenten, ein Sprachlernstück nur in Mandarin . . . Trickreich allemal.

Ort der Impulse

Kaup-Hasler, deren Vertrag ja bis 2014 verlängert wurde, sieht ihr 3,6-Millionen-Budget vor allem dank starker Sponsoren von der Krise nicht gebeutelt. Dennoch wird die Intendantin nicht müde zu betonen, dass man auch im Festival selbst "virtuose Strategien benötigt, um das Niveau und Profil zu halten". Dazu zählen für sie vor allem das Initiieren von Projekten sowie Nutzung und Ausbau von Netzwerken: "Auf den herbst als Ort der Impulse sind wir jedenfalls stolz".


Michael Tschida



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