Pressestimmen


Kleine Zeitung - 22.09.2010
Der Nebel enthebelt die Logik
Die 34-jährige französische Regisseurin Gisèle Vienne hievt die Natur in all ihrer Künstlichkeit auf die Bühne des steirischen herbst. Das wird beklemmend.

 Er tastet sich langsam an, über die Haut. Kühlt, besänftigt, dringt ein. Irgendwann auch in die Köpfe: Vernebelt und enthebelt Distanz und Logik. Die Rede ist von Nebel aus reinem Wasserdampf, den die japanische Künstlerin und 80-jährige Grand Dame Fujiko Nakaya für "This is how you will disappear" von Gisèle Vienne auf die Bühne des Mumuths hieven wird.

   Die französische Regisseurin, die vor zwei Jahren mit der Massenmörder-Performance "Jerk" beim steirischen herbst beklemmte, zelebriert und strapaziert auch heuer: die Künstlichkeit der Natur und das Archetypische der Gesellschaft. Sie verankert ihre drei Protagonisten, einen Rockstar am Tiefpunkt, eine Turnerin und deren Trainer, in einen echten Wald, der irgendwo zwischen Blair Witch Project und William Shakespeare angesiedelt ist. Wo genau, entscheidet der Zuschauer. Die Natur mutiert irgendwann vom passiven zum aktiven Protagonisten.

   Grenzen sprengen

   Wo Vienne, die als Puppenbauerin begonnen hatte, auftaucht, wird Theater zur körperlichen und geistigen Grenzerfahrung. "Wo sollte ich denn hinterher arbeiten mit meinen sehr klaren Vorstellungen davon, wie Theater aussehen sollte? Also musste ich es selbst machen, um all die Dinge, die mir wichtig waren - Puppenbau, aber eben auch Literatur, Musik, Bewegung, Raum, Bild - zusammenzubringen, ohne mich entscheiden zu müssen", sagt die 34-jährige Künstlerin.

   Seitdem verknotet sie Theater mit anderen Kunstrichtungen. Bei "This is how you will dissappear" stammt der Text aus der Feder des US-Hardcore-Autors Dennis Cooper. Die Musik steuern KTL bei - ein Gemeinschaftsprojekt des amerikanischen Gitarristen Stephen O'Malley und des Wiener Elektro-Avantgardisten Peter Rehberg.

   Übrigens: Vienne designte auch die Choreografie für den Film "Domaine", der derzeit im Grazer KIZ Royal Kino zu sehen ist.

Julia Schafferhofer



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