Pressestimmen


Kurier - 26.09.2010
Mit virtuosen Tricks ins neue Kunstzeitalter
steirischer herbst Ein Franz-West-Schwerpunkt im Kunsthaus Graz steht im Mittelpunkt des AusstellungsReigens des Festivals.

 Keine Sorge: Franz West ist nicht unter die Liebhaber von Kraftfahrzeugen gegangen. "Autotheater", so der Titel der Retrospektive, die über Neapel und Köln jetzt in leicht modifizierter Form im Kunsthaus Graz gelandet ist, bezieht sich auf die von West geforderte Selbst-Aufführung des Besuchers.

   Kunst ist das, was wir daraus machen, sagt der Grenzgänger zwischen angewandter Kunst, Philosophie und Interaktion; und sei es nur, dass wir darauf sitzen.

   Genau in diesem Ansatz liegt auch das Problem, das Restauratoren und infolge Ausstellungsmacher mit dem Werk des 1992 bei der documenta IX berühmt gewordenen, 1947 geborenen Wieners haben: Viele seiner Objekte - seien sie zum Sitzen, Liegen oder Spielen da - müssen mittlerweile vor allzu intensiver Benutzung geschützt werden.

   Und so blieben auch in Graz manche für die Ausstellung mitgebrachte Stücke in der Kiste. West, der bis zuletzt engagiert an der Ausstellungs-Gestaltung mitgearbeitet hat und sich dabei von der Atmosphäre in der "Kunstblase" beeindruckt zeigte, beschloss, die Kisten trotzdem aufzustellen. Das verleiht der Schau einen charmanten, etwas unfertigen Charakter.

   Andere Werke wurden zwar installiert, die dazugehörigen Benutzer-Anleitungen aber bleiben Theorie. Da ist nicht Interaktion, sondern Imagination gefragt.

   Benutzbar

   Einige Objekte sind dennoch zum Benützen da. Zum Beispiel die drei Passstücke "Tournure" (2001), die man wie vor 150 Jahren einem Unterrock gleich anziehen, sich "anpassen" kann. Oder der Verschlag "Integral" (1997): Geht man hinter den Paravent, um heimlich und heftig zu gestikulieren, "so entspricht das dem Titel".

   Gleich daneben folgt die nächste Aufforderung: "Nehmen Sie ein Passstück und gehen Sie damit in die Kabine." Hier kann man sich in einem Spiegel selbst beim Agieren zuschauen.

   Zu den Tugenden des Franz West gehört angenehmerweise (Selbst-)Ironie: Die lässt sich besonders schön in der Installation "Endlich zwei gute Skulpturen" (2002) ablesen.

   Ein ihrem Titel entsprechendes "Geraune" (1988) kann man in der quasi geistigen Interaktion mit den 1988 zum ersten Mal in Venedig präsentierten Skulpturen beinahe hören, zumindest aber sehen. Kommt man gerade aus der Ausstellung, wird man seinen Mitmenschen anders als zuvor auf den Mund schauen.

   Kunstblase

   Eine stimmige Präsentation, die sich auch vor dem Kunsthaus fortsetzt: Die in Neurosa (im Gegensatz zu Altrosa) gehaltene Außenskulptur "Ein Hod" (2008) passt perfekt vor das aufgrund seiner futuristischen Form auch "the friendly alien" genannte Gebäude.




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