Pressestimmen


Salzburger Nachrichten - 02.10.2010
Vom Überleben im Universum Alltag
Tanz im "steirischen herbst": "I don‚t believe in outer space" von William Forsythe

 Tanzcompany. Die William Forsythe Company gastierte beim steirischen herbst in Graz.

   MARTIN BEHR GrAZ (SN). Sie reden und bahnen sich zwischen zusammengeballten Klebebandkugeln (Planeten?), die den Boden säumen, den Weg. Sie vollführen klassische Tanzbewegungen ebenso wie ulkig-lasziv anmutende Verrenkungen, kriechen, hopsen, wackeln mit dem Gesäß, treten in Dialog, bilden Gruppen auf Zeit: 16 Tänzerinnen und Tänzer der William Forsythe Company bei der Österreichischen Erstaufführung der Produktion "I don‚t believe in outer space" beim steirischen herbst.

   Die Bühne in der Grazer Helmut-List-Halle ist ein Umschlagplatz für Emotionen. Nicht immer erscheinen die vermittelten Gefühlswelten authentisch zu sein. Wie denn auch, wenn Songtexte (z. B. "I Will Survive" oder " I Put a Spell On You") in rezitierter Form auf das Publikum einströmen? William Forsythe lädt mit "I don‚t believe in outer space" zu einer Begegnung mit einem ausgeklügelten, hoch professionell umgesetzten Konzept, in dem es um Leidenschaften, Liebe, Emotionen, kurz: um die Auf- und Abwärtsbewegungen im Leben geht. Bewegung, Musik, das gesprochene Wort und Licht vereinen sich zu einem dichten Konglomerat, in dem vieles zufällig wirkt, aber nichts dem Zufall überlassen ist.

   Die Choreografie lässt nicht selten Platz für Humor, es ist ein feiner Humor, kein Slapstick, einer, der an der Grenze zur Melancholie angesiedelt ist. Über das durch Gliedmaßen und Mimik ineinander verstrickte Pärchen darf geschmunzelt werden, doch der Anblick lässt auch bittersüße Traurigkeit aufkommen. Bisweilen hat man den Eindruck, der Abend handle von der Lüge des Pop, aber das wäre zu kurz gegriffen: Die Textzeilen aus Liedtexten bilden nur das Gerüst, auf dem Forsythe seine Thesen vom Glück und den Unzulänglichkeiten im menschlichen Beziehungsgestrüpp aufbaut. Zwischen viel Playback, einem fiktiven Tischtennisspiel, Licht-Soundeffekten von Niels Lanz, sowie Körper- und Stimmakrobatik übersetzen 16 Personen die These von der wechselvollen Schönheit im Universum Alltag auf die Bühne. Die schwarzen Sterne auf dem Boden? Werden bei Bedarf weggekickt. Oder in die Hose gesteckt: Sehr nette Metapher!

Martin Behr



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