Pressestimmen


Der Standard - 16.10.2010
Die Revolution ist nur noch ein Zombie Edit Kaldor lehrt Mandarin, was aber machen die Performer von Showcase Beat Le Mot?


Der Berliner Performancegruppe Showcase Beat Le Mot muss man einiges zugute halten. Bemerkenswert ist etwa, dass sich das männliche Quartett nach Jahren einer beachtlichen Karriere irgendwann nachhaltig im Theater für junges Publikum zu engagieren begann. Mit dem Räuber Hotzenplotz (2007) wurden sie etwa zum Berliner Kinder- und Jugendtheatertreffen eingeladen. Demnächst schließen sie mit animal farm ihre aktuelle Tier-Trilogie ab, zu der auch Peterchens Mondfahrt und die Bremer Stadtmusikanten gehören.

   Die Arbeiten der Mannschaft, die aus dem berühmten Gießener Theaterinstitut hervorgegangen ist, verbinden aufwändiges Objekttheater mit (pseudo-)dilettantischer Choreografie zu immer humorvollen (auch durchaus lachhaften) Abenden. Sie bleiben beim Publikum nicht zuletzt wegen der reichhaltigen Verköstigung durch die Schauspieler immer gut in Erinnerung. Das Stück mit dem Spanferkel etwa hieß Europiraadad und erklärte Europa zum wackelig dahinschippernden Piratenschiff ; Schokoladefondue gab es beim Wiedergängertreffen Vote Zombie Andy Beuyz .

   Deshalb fällt es auch schwer, sich über eine Theateraufführung zu beschweren, bei der man einen phänomenalen Coq au Vin samt perlendem Rotwein aufgetischt bekommt. Im Fall von Paris 1871 Bonjour - Commune , einer Koproduktion mit dem Steirischen Herbst, half diesmal aber das geschmorte Geflügel nichts: Das Stück war genauso faul wie die darin behandelte Revolution. Die an ihren eigenen sozialistischen Visionen gescheiterte revolutionäre Übergangsregierung von Paris 1871, nach nur neun Wochen gewaltsam aufgelöst, gibt die Bilder vor, in denen hilflos herumgeturnt wird.

   Aus drei Särgen erhebt sich der Revolutionszombie in Trikolore-Gestalt und vollführt mit symbolischen Abfallprodukten der Revolution mehr schlecht als recht eine sinnfreie Gymnastikstunde: Medizinbälle werden erschöpft fallengelassen; eine Akkordeonapparatur spielt seufzend ein Lied, die Guillotine portioniert Honigmelonen; die in den Gewehrlauf gesteckte Mistgabel trägt Pappnasen an ihren Zinken. Witzig ist das dennoch nicht. Und selbst die Behauptung, das Aufbegehren von heute erschöpfe sich im Sound des Rap (das Next Liberty mutiert zum düsteren, wummernden Technotempel), ist reichlich banal und sehr kurz gegriffen. Ganz abgesehen von der handwerklich kläglichen Durchführung des Ganzen. Das war leider nichts.

   Crashkurs in Mandarin

   Dass Fertigproben alleine auch kein Garant für gute Arbeit ist, hat sich bei der aus Ungarn gebürtigen, in Amsterdam arbeitenden Choreografin Edit Kaldor und ihrer Sprach-Lecture C'est du chinois gezeigt. Hier - im Dom im Berg - tritt eine chinesische Familie vor das Publikum und hält einen Crashkurs in Mandarin. Die Repräsentation von Bedeutung durch Worte, Gegenstände und performative Akte hält anfangs sehr schön die Spannung, dann aber beginnt sich die Produktion dramaturgisch zu verflüchtigen. Sie rinnt aus. Dabei erwies sich ein Vokabelunterricht als ideal für eine Performance: Das chinesische Wort für "lachen" etwa beginnt mit dem Präfix "haha-"! Da kann man leicht Schüler sein.

   Gut Lachen hat auch der Steirische Herbst, blickt man auf die aktuelle Auslastung von 96,96 %. 43.000 Zuschauer konnte das Festival heuer anlocken. Am Wochenende kommen noch einige dazu, u. a. feiert Philipp Gehmachers in their name Uraufführung.

Margarete Affenzeller



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