Pressestimmen


Kleine Zeitung - 29.09.2010
Zu jedem Einkauf eine Statistenrolle gratis dazu
Zum steirischen herbst verwandelt das Theater im Bahnhof den Citypark in eine Theaterbühne. In "Tod eines Bankomatkartenbesitzers" spielen die Kunden die Nebenrollen.

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, dieses Theaterstück zu konsumieren: Die erste ist, sich an den Aufführungstagen zu gegebener Uhrzeit (siehe Kasten unten rechts) im Citypark einzufinden und dessen Erdgeschoß wiederholtermaßen zu durchschreiten. In diesem Falle wird man dort einer Handvoll ungewöhnlich gekleideter Menschen gewahr werden, die miteinander kommunizieren, etwas übertrieben gestikulieren, tanzen, Keyboard spielen und singen.

   Gleichzeitig stehen die Augenzeugen dieser zwischenmenschlichen Begegnungen aber selber in der Auslage beziehungsweise auf der Theaterbühne. Und zwar in den Augen jener Menschen, die sich durch den Kauf eines Tickets in den temporären Besitz eines Kopfhörers gebracht haben. Und das ist auch schon die zweite Möglichkeit dieses Theaterstück zu erleben.

   Wahre Einzelschicksale

   Der Funkkopfhörer überträgt nämlich, was die SchauspielerInnen sprechen. In Kombination mit Musik und gedämpftem Einkaufszentrum-Original-Soundtrack taucht man sozusagen in eine andere, künstliche Welt ein. Und in dieser Welt werden Geschichten von Bankomatkartenbesitzern erzählt - echte Geschichten übrigens, die das Theater im Bahnhof in Interviews mit Betroffenen und Schuldenberatungsinstitutionen erfasst hat und teilweise eins zu eins oder leicht abgeändert erzählt. Da ist die Rede von Menschen, die von der Bank keinen Kredit mehr bekommen, deren Bankomatkarte gestohlen oder eingezogen wurde. Kurz, von Menschen, denen die gerade in einem Einkaufszentrum so essenzielle "bankomatische" Geldausgabe verweigert wird. Diese tragischen bis tragikomischen Einzelschicksale können, müssen aber nicht unbedingt im Kontext einer globalen Finanzkrise verstanden werden.

   Nicht wiederholbare Momente

   Der "Tod eines Bankomatkartenbesitzers" ist also kein physischer, sondern ein Verschwinden aus dem Betrieb einer Shopping-Mall, unmerklich, dramatisch unauffällig und erst im Resultat überraschend. Die Besucher - und vor allem die nicht zahlenden und dadurch auch nicht mittels Kopfhörer eingeweihten - werden zu Statisten, zum Teil der Inszenierung. Für Regisseur Helmut Köpping ist gerade der Mix aus Shoppingwelt und künstlicher Erzählung spannend: " Durch die zufälligen Konstellationen ergeben sich nicht wiederholbare, durchaus poetische Momente."

Bild: Tragikomisches Audiotheater. In "Tod eines Bankomatkartenbesitzers" geht es um banale bis schwerwiegende Folgen von Bankomatkarteneinzügen GELLNER (2), IMAGO

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   Regie: Helmut Köpping

   Autor & Dramaturg: Rupert Lehofer.

   Bühne: Johanna Hierzegger.

   Ton: Moke Klengel.

   Mit: Jacob Banigan, Juliette Eröd, Pia Hierzegger, Monika Klengel, Martina Zinner. In Kooperation mit steirischer herbst

   Termine: 1. Oktober, 17.30 Uhr 2. Oktober, 15.30 Uhr 14. Oktober, 17.30 Uhr 15. Oktober, 17.30 Uhr Citypark, Lazarettgürtel 55, 8020 Graz.

   Tickets: Stadtpark 1, 8010 Graz, tickets@steirischerherbst.at




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