Pressestimmen


- 24.09.2010
Sie schläft einfach schneller
Veronica Kaup-Hasler, Intendantin des "steirischen herbstes", über das Festivalmotto "Meister, Trickster, Bricoleure", die diesjährigen Höhepunkte und einen Trick.

Heute wird der" steirische herbst" eröffnet. Intendantin Veronica Kaup-Hasler, zum fünften Mal für das Programm verantwortlich, hat dem Festival das Motto" Meister, Trickster, Bricoleure" verpasst.

Wie sind Sie auf das Thema gekommen? VERONICA KAUP-HASLER: Wir versuchen Themen aufzugreifen, die sowohl von gesellschaftspolitischer Relevanz sind als auch spannende Auseinandersetzungen im Feld der Kunst ermöglichen. Heuer werden Meister, Trickster und Bricoleure unter dem Begriff der Virtuosität versammelt. Einerseits gibt es noch immer diesen Begriff vom Künstler als Meister im handwerklichen Sinn. Da hat man eher Bilder aus dem 19. Jahrhundert im Kopf, von außergewöhnlichen Instrumentalvirtuosen. Ein weiterer Aspekt von Virtuosität ist eng mit dem Begriff der Täuschung verbunden. Virtuosität ist so gesehen auch Voraussetzung für alle Fälscher, Trickser, Taschendiebe ebenso wie für jene Finanzjongleure und Hedge-Fonds-Manager, die das Credo von den selbstheilenden Kräften des Kapitalismus geprägt haben und uns glauben ließen, dass zu diesen wahnsinnigen Geldsummen auch ein wirtschaftlicher Realgegenwert existiert.

Es gibt im Rahmen des" steirischen herbstes" mehrere Theaterund Tanzproduktionen. Wie unterscheiden sich diese von dem, was beispielsweise das Schauspielhaus und die Oper anbieten? KAUP-HASLER: Der" steirische herbst" hat den Anspruch, das zu ermöglichen, was sich vom Alltag konventioneller Häuser und Institutionen abhebt. Das bedeutet naturgemäß auch einen stark internationalen Zugang, da in anderen Ländern ganz andere Formen der Theaterpraxis entstanden sind. In einer Kollaboration mit dem Schauspielhaus haben wir etwa einen sehr interessanten argentinischen Regisseur eingeladen, Mariano Pensotti, der die Idee hatte, eine" Enzyklopädie des ungelebten Lebens" zu inszenieren. Wir konnten wirklich großartige Künstlerinnen wie Elfriede Jelinek, Friederike Mayröcker, aber auch eine junge Generation von Autoren dazu bewegen, Texte zu diesem Projekt zu schreiben.

Bei" Nowhere" versucht Marino Formenti acht Tage lang zwölf Stunden täglich im Stadtmuseum Klavier zu spielen. Worin liegt in Ihren Augen der Reiz für den Besucher? Jeder, der hingeht, erlebt ja nur einen kleinen Ausschnitt. KAUP-HASLER: Der Reiz liegt eben genau darin, dass eben jeder Besucher die Größe des Konzertausschnitts für sich selbst festlegen kann. Das Projekt ist ja täglich von 10 bis 22 Uhr frei zugänglich, das heißt, man kann, wenn man will, bis zu zwölf Stunden in diesem Raum verbringen, in dem Marino Formenti lebt, spielt, isst und schläft. Ein Experiment auch im sozialen Sinn für beide Seiten. Und natürlich eine mit der Anti-Virtuosität spielende Unterwanderung von konventionellen Konzertformaten.

Wenn Sie drei Produktionen einem neuen Besucher empfehlen müssten, welche wären das? KAUP-HASLER: Ich komme gerade aus einer Probe unserer Eröffnungsproduktion" Maschinenhalle# 1" und kann nur sagen, es ist ein großartiges Werk, das die Künstler für die Helmut-List-Halle geschaffen haben-choreographisch, musikalisch, visuell und als Gesamtwerk. Ansonsten gibt es so viele weitere Projekteim Theaterbereich von Gisele Vienne, Mariano Pensotti, Edith Kaldor und anderen, unsere Ausstellung" Utopie und Monument II" von Sabine Breitwieser, die Ausstellung des Linzer Künstlerkollektivs QuiOchÖ. Eine spezielle Empfehlung ist das" Casino of Tricks", das am 2. Oktober für eine Woche im Festivalzentrum eröffnet. Hier kann man für seine Tricks-von simplen Tricks des Alltags bis hin zum Zaubertrickbares Geld gewinnen.

Glauben Sie, dass die Leute ihre Tricks tatsächlich preisgeben bzw. vorführen wollen? KAUP-HASLER: Ja, denn die Tricks sind ja aus dem Alltag gegriffenich kenne kaum Leute, die nicht irgendetwas sehr speziell und gut können. Die Palette reicht von speziellen Tricks aus dem kulinarischen Bereich, über körperliche Tricks bis hin zu Tricks aus der Buchhaltung.

Ihr persönlicher" Trick", um den Wirbel der kommenden drei Wochen zu überstehen? KAUP-HASLER: Schneller schlafen.

INTERVIEW: KARIN ZEHETLEITNER/APA

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ZU PERSON &FESTIVAL

Veronica Kaup-Hasler, geb. 1968 in Dresden, lebt seit 1970 in Wien. Studium: Theater-und Politikwissenschaften, Germanistik. Dramaturgin u. a. am Burgtheater und bei denSalzburger Festspielen. Seit 2006 Intendantin des "steirischen herbst" Programm: www. steririscherherbst. at

Öffnet heute die Türen für den" steirischen herbst": Veronica Kaup-Hasler

Veronica Kaup-Hasler, geb. 1968 in Dresden, lebt seit 1970 in...

   Veronica Kaup-Hasler, geb. 1968 in Dresden, lebt seit 1970 in Wien.

   Studium: Theater- und Politikwissenschaften, Germanistik.

   Dramaturgin u. a. am Burgtheater und bei den Salzburger Festspielen.

   Seit 2006 Intendantin des "steirischen herbst"

   Programm: www.steririscherherbst.at




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