All the Same – Was gilt, wenn alles gleich und gültig ist?
Unsere Gesellschaften stecken in einer Krise der Gleichheit – weil
wir vom Ziel der Egalität weit entfernt sind: Der Abstand zwischen Arm
und Reich wird immer größer, von Chancengleichheit keine Rede. Andere
Ungleichheiten werden durch Intoleranz, Angst, Besitzstandwahrung, Neid
gepflegt. All dem zum Trotz findet jede weltanschauliche Richtung ihr
passendes Gleichheits-Argument: Neoliberale
Entsolidarisierungs-Kampagnen propagieren, man müsse nur wollen, dann
sei jeder Aufstieg möglich. Anderswo wird Toleranz zum Synonym für
Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal anderer oder dient der
Vermeidung eigener Standpunkte. Unter all das mischt sich der Ruf nach neuen, alten Werten, die
gleichgemacht worden seien. Werte, die dafür Sorge tragen, dass soziale
und geografische Abstände gewahrt bleiben, die Meinungshoheit
garantieren und Besitz schützen. Werte aber andererseits auch, die
gesellschaftliches Leben organisieren, Maßstäbe für Handeln oder
Nichthandeln, für den Umgang miteinander definieren.
Der rasante gesellschaftliche und ökonomische Wandel der letzten Jahre
erzeugt das Gefühl, dass nichts mehr gleich ist, dass nicht mehr genug
Gleiches in der Gesellschaft vorhanden ist, nicht mehr genug für alle
gültig, um einen gemeinsamen Maßstab zu definieren. Und gleichzeitig:
dass zuviel Gleichgültigkeit herrscht, dass unterschiedslos die
unterschiedlichsten Biografien und Identitäten gleichgesetzt werden und
auch wir selbst immer mehr den anderen gleichen, ununterscheidbar
werden.
Der steirische herbst 2009 und seine Theorie-Schiene „Spielfeldforschung“ spielt mit dem Begriff „gleichgültig“, der
einerseits das Desinteresse kennzeichnet, das wir gegenüber der
Gegenwart, der Zukunft und der Vergangenheit entwickeln. Und der
andererseits gleiche Gültigkeit fordert: Gleichberechtigung, Achtung
vor anderen kulturellen Werten, Lebensformen und Kulturen, das
Zurückstecken nur eigener Interessen. Als soziales Anliegen, als Utopie
ebenso wie als Alltagsforderung.